Buchbesprechung Hein de Haas: Migration – 22 populäre Mythen und was dahinter steckt

Holger versorgt uns ja traditionell beim Stammtisch mit spannenden Zusammenfassungen von interessanten Büchern. So auch beim letzten Stammtisch von 16.4.:


Hein de Haas (2024): Migration – 22 populäre
Mythen und was wirklich dahinter steckt


Hein de Haas, geb. 1969, forscht seit über 3
Jahrzehnten über Migration, auch in den
Herkunftsländern
Professor für Soziologie und Geographie in
Amsterdam und Professor für Migration und
Entwicklung in Maastricht, und leitet das
International Migration Institute in Oxford.
Sein Buch zeigt faktenreich: Migration ist weder ein
Problem, das gelöst werden müsste, noch eine
Lösung für andere Probleme
Mythen, die nicht zutreffen
I. Mythen der Migration

  1. Die Migration bricht alle Rekorde
  2. Unsere Grenzen sind nicht mehr sicher
  3. Die Welt steht vor einer Flüchtlingskrise
  4. Unsere Gesellschaft ist vielfältiger denn je
  5. Migration lässt sich mit Entwicklungshilfe
    eindämmen
  6. Migration ist die verzweifelte Flucht aus
    dem Elend
  7. Wir brauchen keine ausländischen
    Arbeitskräfte
    II. Zuwanderung: Problem oder Lösung?
  8. Ausländer nehmen uns die Arbeit weg und
    drücken die Löhne
  9. Zuwanderung ist eine Gefahr für den
    Sozialstaat
  10. Die Integration ist gescheitert
  11. Massenmigration schafft Parallelgesellschaften
  12. Zuwanderung bringt mehr Verbrechen
  13. Migration führt zu Talentschwund
  14. Zuwanderung ist das Allheilmittel für die
    Wirtschaft
  15. Zuwanderung ist die Lösung für die
    alternde Gesellschaft
    III. Migrationspropaganda
  16. Die Grenzen werden dichtgemacht
  17. Linke sind für, Rechte gegen Migration
  18. Die Öffentlichkeit hat genug von der
    Zuwanderung
  19. Menschenschmuggel ist der Grund für illegale
    Migration
  20. Menschenhandel ist eine moderne Form der
    Sklaverei
  21. Zuwanderung lässt sich durch Beschränkung
    verhindern
  22. Der Klimawandel entfesselt eine
    Völkerwanderung
    Blick in die Zukunft
    Weiteres interessantes, eher journalistisches Buch:
    Parag Khanna (2021): Move – Das Zeitalter der
    Migration
    Beide Autoren beschreiben Menschen, die
    umziehen und arbeiten. Das überwiegende Leben
    von sozialen Transferleistungen scheint ein sehr
    deutsches Phänomen zu sein, mit dem wir uns
    unbedingt befassen müssen
    1.
    Die internationale Migration ist dauerhaft niedrig
    und stabil – 3 % der Weltbevölkerung
    Geflüchtete – 10 % der Migranten, 0,3% der
    Weltbevölkerung
    Die globalen Migrationsströme haben sich
    umgekehrt
    Eurozentrische Sicht
    Die meisten Migranten sind Binnenmigranten
    Der persische Golf ist als Zielregion ähnlich wichtig
    wie Westeuropa
    2.
    Die große Mehrheit der Migranten kommt legal ins
    Land
    Gesetze, die die Beschäftigung von Personen ohne
    gültige Papiere verbieten, werden in den USA
    praktisch nicht durchgesetzt
    Nachfrage nach Arbeitskräften in Sektoren wie
    Landwirtschaft, Bergbau, Gesundheitswesen,
    Hotel- und Gaststättengewerbe und häuslichen
    Dienstleistungen
    „Das Problem ist nicht, dass die Grenzen nicht
    ausreichend gesichert sind, sondern dass das
    Zuwanderungssystem nicht funktioniert und
    trotz der großen Nachfrage nach Arbeitskräften
    keine geeigneten legalen Möglichkeiten bietet.
    Das führt zu einer Kriminalisierung von Teilen
    der Zuwanderung und ermöglicht die
    verbreitete Ausbeutung von Arbeitsmigranten.“
    3.
    Zahlen steigen und fallen auch wieder
    „Die meisten Geflüchteten hat Deutschland
    aufgenommen, das fünftwichtigste
    Zufluchtsland weltweit (nach der Türkei,
    Kolumbien, Pakistan und Uganda)“
    Andere Zählweise verzerrt
    4.
    Die Grenze zwischen „uns“ und „den anderen“ ist
    im Fluss. D
    5.
    Die Migration nimmt zu, wenn arme Länder
    reicher werden
    „Fähigkeiten-Ambitionen-Modell“
    6.
    „Migration ist eine Investition in eine bessere
    Zukunft“, „Teil einer langfristigen Strategie zur
    Sicherung des Lebensstandards ganzer Familien“
    „Migranten sind mündige Menschen“
    7.
    „Sie verlassen ihre Heimat nur, wenn sie wissen,
    dass sie im Ausland Geld verdienen können“
    8.
    „Zuwanderer füllen freie Stellen“ – „Zuwanderer sind
    außergewöhnliche Menschen“
    9.
    „Die Auswirkungen der Zuwanderung auf die
    Sozialsysteme sind minimal“
    „Ihr Beitrag ist größer in Ländern, die illegale
    Beschäftigung tolerieren und Migranten Steuern
    zahlen lassen, ohne ihnen einen Anspruch auf
    Sozialleistungen zu gewähren“
    „In Nordwesteuropa erschwert der Staat den
    Zuwanderern die Beschäftigung, zwingt sie damit in
    die Schattenwirtschaft und lässt sich die
    Lohnsteuer entgehen“.
    10.
    „Auf lange Sicht ist die Integration der Zuwanderer
    gelungen“
    „Diskriminierung bei der Arbeitssuche ist real“ und
    bleibt einer der Hauptgründe für die mangelnde
    Integration in den Arbeitsmarkt
    „Die Daten zeigen, dass in Nordwesteuropa die
    Integration (…) in den Arbeitsmarkt langsamer
    verläuft (…), was vermutlich der geringeren
    Flexibilität und Offenheit der Arbeitsmärkte
    geschuldet ist“
    „Arbeit ist der Schlüssel zum Erfolg“
    „Neuankömmlinge verdienen in der Regel weniger
    als Einheimische mit ähnlichen Qualifikationen,
    doch mit der Dauer des Aufenthaltes steigt das
    Einkommen spürbar“
    „segmentierte Integration“ verschiedener Gruppen
    „…gezielte Maßnahmen zur Beschäftigung,
    Gleichstellung und Bildung zeigen Wirkung, vor
    allem bei arbeitslosen Zuwanderern mit geringem
    Bildungsniveau oder Geflüchteten mit
    traumatischen Erfahrungen, vorausgesetzt, dass
    der Staat sie beim Spracherwerb und der Bildung
    unterstützt“
    „Die beste Integrationspolitik ist eine, die
    Migranten bei der Arbeitssuche oder
    Unternehmensgründung unterstützt…“
    „So gesehen ist Multikulturalismus eine Art der
    repressiven Toleranz oder >Apartheid lite<“ „Unter dem Deckmantel der Toleranz förderte der Multikulturalismus die Entstehung von Parallelgesellschaften und verhinderte die Integration von Migranten“ 11. Unternehmertum ist ein wichtiger Weg „Das wahre Problem ist die Entmischung nach Einkommen“ 12. „Die meisten Zuwanderer sind fleißig, konservativ und sozial“ Langzeitarbeitslosigkeit 13. „Die Abwanderung von Fachkräften ist eine Folge, nicht die Ursache der gescheiterten Entwicklung“ 14. Migranten in der Pflege immer wichtiger Auf regionaler und lokaler Ebene kann Migration das Leben der Menschen stark verändern 15. Der demographische Übergang scheint unumkehrbar 16. Nicht den Reden der Politiker glauben „Seit Ende des zweiten Weltkrieges wurde die Zuwanderungspolitik Jahr für Jahr offener“ 17. „Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem, was Politiker über Migration sagen, und dem, was sie tun“ „zwiespältige Haltung der Gewerkschaften“ 18. Gesellschaft insgesamt offener „Wie eine aktuelle Untersuchung zu Japan und Deutschland zeigt, ist die Ablehnung der Zuwanderung besonders groß in unteren Einkommensgruppen mit >sozialdemokratischen<
    Ansichten, die den Arbeitnehmerschutz als Aufgabe
    des Staates betrachten“
    19.
    Menschenschmuggel ist eine Antwort auf
    Grenzkontrollen, nicht die Ursache der illegalen
    Migration
    20.
    21.
    „Zuwanderungsbeschränkungen bringen mehr
    Zuwanderer“
    „Torschluss-Migration“ / Verhindern Rückkehr und
    „zirkuläre Migration“
    22.
    Blick in die Zukunft
    „Dieses Buch möchte ein ganzheitliches
    Verständnis der Migration vermitteln – weder
    als Problem, das es zu lösen gilt, noch als
    Lösung für Probleme, sondern als integraler
    Bestandteil umfassender Prozesse des
    gesellschaftlichen, kulturellen und
    wirtschaftlichen Wandels der Gegenwart. Die
    hier angeführten wissenschaftlichen
    Erkenntnisse zeigen, dass wir das übliche
    Schwarz-Weiß-Denken hinter uns lassen und
    die Migration als das sehen müssen, was sie
    aktuell ist, und nicht als das, was sie unserer
    Meinung nach sein sollte. Wenn wir verstehen,
    dass Migration unvermeidlich ist und dass sie
    ein fester Bestandteil der wirtschaftlichen
    Entwicklung und des gesellschaftlichen
    Wandels ist, eröffnet uns dies ein ganz neues
    Verständnis der menschlichen Mobilität … (…)
    Dennoch ist nicht alles Sonnenschein. Den
    wirtschaftlichen Nutzen von der Zuwanderung
    haben vor allem die Wohlhabenderen,
    während die sozialen Probleme, die damit
    einhergehen können, vor allem von den
    gewöhnlichen Bürgern geschultert werden, ..“