Leserbrief Merkur / FFB Tagblatt zum Kommentar „Das grüne Lobby-Netzwerk“ von Rupert Pritzl

(Bild generiert mit KI ChatGPT)

Originaltext:

https://www.merkur.de/wirtschaft/lobbyismus-gruene-ideologie-klima-ttklimaschutz-deutschland-die-gruenen-93190587.html

Von Reinhard Jurk

Zu „Das grüne Lobby-Netzwerk“ von Rupert Pritzl in der Ausgabe des FFB Tagblatt vom 16.7.2024

Herr Pritzl ergänzt die Lieblings-Feindvokabeln des rechtskonservativen Lagers („Ideologie“, „Moral“) im Kampf gegen eine menschengerechte („grüne“) Politik mit einer vergleichsweise neuen Vokabel „Lobbyismus“, die sicherlich Potenzial hat, in dieses fragwürdige Vokabelheft aufgenommen zu werden.
Er macht das offenbar mit dem Ziel, mindestens die Art und Weise, in welcher sich die politisch Handelnden verhalten, zu diskreditieren, wenn nicht sogar die Richtigkeit ihres Ziels an sich in Zweifel zu ziehen.
Das ist aus mehreren Gründen sehr schade und trotzdem (oder gerade deswegen) bemerkenswert: sind es denn nicht die Lobbyisten der fossilen Generation (Auto, Atom, Öl, usw.), deren fruchtbare Arbeit der letzten Jahre in die Situation heute geführt haben? Fallen nicht die angeblichen „grünen Lobbyisten“ nur deswegen auf, weil sie aufgrund ihres Anliegens lauter sein müssen und sich gegen die etablierten Mechanismen der fossilen Generation konzertiert wehren müssen, um sich Gehör zu verschaffen? War eigentlich der Club of Rome eine Lobbyisten-Gruppe?
Schade ist es deswegen, weil zum einen mit falschen Aussagen gearbeitet wird (so wird eine CO2 Bepreisung überhaupt nicht abgelehnt; ganz im Gegenteil: wenn man diese tatsächlich nach Marktmechanismen bestimmen würde und nicht immer, wenn es dann der eigenen Klientel nicht passt, davon abweicht und Benzinpreisbremsen einführt und Sektorenziele aufweicht, dann wären die Kosten unseres fossilen Wirtschaftens weithin sichtbar). Des Weiteren wird den Akteuren die Verfolgung „eigeninteressierter Ziele“ unterstellt – als ob ein Staatssekretärsgehalt vergleichbar wäre zu Milliardengewinnen fossiler Megakonzerne.
Viel schlimmer ist es aber, dass durch dieses fahrlässige Säen von Zweifel, Angst und Unsicherheit die zukunftsfähige Weiterentwicklung der europäischen und speziell deutschen Wirtschaft verhindert wird: indem man suggeriert, dass am deutschen Sonderweg die Welt ja nicht genesen könne, verkennt man den eigentlichen Mechanismus – nämlich dass wir die Chance haben, nach verschlafener Digitalisierung die Basis für unser wirtschaftliche Zukunft zu schaffen, die hoffentlich CO2 frei sein wird – was ja wohl hoffentlich selbst von Herrn Pritzl und seinen Gesinnungsgenossen nicht bezweifelt wird?